We are thrilled

In Kürze wird wieder ein Kanzlei- und Anwaltsranking erscheinen. Gefühlt erscheint bald jede Woche eines. Und ist das Ranking erst einmal da, blühen die Meldungen auf wie die Krokusse im Frühling: “I am thrilled", „Freue mich sehr", “We are so proud", „Glückwunsch an die Kollegen" … Ein Post nach dem anderen wird in unsere Social Media Feeds gespült, der kollektive Freudentaumel nimmt tagelang kein Ende.

Ist das schlimm?

Ja und nein. Denn ob ein Award, ein Ranking, eine Erwähnung in einem Legal Directory einen Post oder vielleicht sogar eine Pressemitteilung der Kanzlei wert ist, sollte zumindest ein bisschen abgewogen werden. Und auch, ob und wieviel man sonst noch investiert, eine Empfehlung zu vermarkten.

Fest steht: Empfehlungslisten wie Kanzlei- und Anwaltsrankings gibt es mittlerweile sehr viele. Und einschätzen, wo sich der Aufwand lohnt, wieviel Zeit man mit den ganzen Abfragen vernünftigerweise verbringen sollte, was man mit dem Resultat macht usw. ist wirklich nicht ganz leicht. Das gilt besonders dort, wo keine Recherche hinter dem Ergebnis steht, sondern die Listen auf Empfehlungen beruhen, bei denen man entweder zumindest grob weiß, wer wen empfehlen durfte oder eben auch nicht. Sinnvoll ist es sicher, jemanden zu fragen, der sich öfter mit dem Thema befasst, auf jeden Fall die Kommunikations-/Marketingabteilung in Ihrer Kanzlei oder auch die Kollegen.

Wenn ihnen ein Eintrag unter den „Besten” oder ein entsprechendes Siegel angeboten wird, fragen mich Anwälte häufig: „Brauche ich das?" Dann sage ich sinngemäß: Nein, brauchen tun Sie das nicht. Es wäre ja schlimm, wenn Sie das bräuchten. Denn das hieße ja, Sie wären sich womöglich selbst nicht sicher, ob Sie ein bekannter, exzellenter, erfahrener Anwalt sind und bräuchten so ein Siegel für sich oder für Ihre Mandanten als Bestätigung. Oder Sie wären vielleicht ein wenig eitel; das schließen wir freilich gleich aus.

Schadet so ein Siegel? Meistens nicht. Aber ein bisschen genauer hinschauen, was für eine Empfehlungsliste, was für ein Ranking es ist, das sollte man unbedingt. Hier ein paar häufiger gestellte Fragen – und meine Antworten.

Darf man sich über Auszeichnungen als Top-Anwalt, Best Lawyer, Leading Practitioner etc. freuen?

Natürlich! Aber vielleicht nicht zu sehr, bevor nicht klar ist, wer der Absender ist, wer sich außen Ihnen noch alles freuen darf, und ob Bedingungen an die Auszeichnung geknüpft sind.

Kann man sich etwas darauf einbilden?

Kommt ganz darauf an… Wenn es eine Auszeichnung ist, die Ihnen aus dem Nichts mit dem Betreff “Congratulations! You are a winner” in die Mailbox gespült wird mit dem nicht annähernd dezenten Hinweis, Sie sollten bitteschön dafür mal Xhundert Euro überweisen – Finger weg! Wenn der Absender erkennbar ein seriöser Verlag ist, schauen Sie genauer hin und holen sich ggf. eine zweite Meinung ein.

Sollte man die ganzen Leading Super Top Recommended Lawyer-Listen nicht einfach gleich komplett ignorieren?

Könnte man. Aber wohl nur, wenn das mindestens die Hälfte der Berufskollegen auch täte. Allein das würde das Geschäftsmodell der nicht seriösen Anbieter ins Wanken bringen und den Sieger-Siegel-Markt insgesamt wieder auf ein vernünftiges Maß zurückstutzen. So lange sich noch zu viele Anwälte wie bolle über fast jede Auszeichnung freuen, ändert sich nichts. Und auch Sie ärgern sich im Zweifel, wenn nur Sie keine der Lorbeeren abbekommen.

Sind alle Anbieter nur aufs Geld verdienen aus?

Gegenfrage: Wie viele Pro-bono-Mandate bearbeiten Sie gerade? Natürlich wird mit Rankings Geld verdient. Und bei vernünftiger Gegenleistung ist das auch absolut in Ordnung. Man sollte aber wie gesagt genau hinsehen, wer hinter dem Ranking steht und ob der Kontext stimmt.

Sollte ich mich aktiv bemühen, in möglichst viele dieser Rankings hinein zu kommen?

Kommt darauf an. Meist rate ich zu folgendem Schnelltest: Kennen Sie Anwälte, die schon drin stehen? Wenn ja: Denken Sie, die Bewertung geht in Ordnung? Und, Hand aufs Herz, wenn der oder die bereits genannt sind, wäre es dann nur folgerichtig, dass auch Sie ergänzt werden? – Ja, dann sollten Sie sich um eine Aufnahme bemühen. Oder kennen Sie die meisten bisher genannten Kanzleien / Anwälte gar nicht, etwa weil Sie in einer anderen Liga unterwegs sind? Dann lassen Sie es.

Soll ich Kollegen empfehlen?

Wenn es ein seriöses Empfehlungs-Ranking ist: Ja, bitte. Wenn Sie es nicht tun, überlassen Sie das Feld womöglich denjenigen, die Sie vielleicht später gar nicht im Ranking erwarten. Und umgekehrt möchten Sie ja auch, dass Sie empfohlen werden – es ist also ein Geben und Nehmen. Nur wenn viele echte Experten in Ihrem Gebiet ernsthaft mitmachen, kann auch ein gutes Ergebnis für alle herauskommen

Was ist von Angeboten zu halten, die Empfehlungen maklern, also Matches quasi versprechen?

Finger weg! Seriöse Anwaltsrankings sind nicht Parship. Wenn es Ihnen wichtig ist und Sie gut vernetzt sind, stimmen Sie sich mit dem ein oder anderen Berufskollegen auf dem kurzen Dienstweg ab. Das kostet nichts bzw. nur ein, zwei Telefonanrufe. Schreiben Sie bitte um Gottes Willen keine Rundmail (schon erlebt) und fordern Sie nicht sämtliche Kontakte über LinkedIn auf, Sie zu empfehlen (auch schon gesehen).

Diese Antworten helfen Ihnen ein bisschen bei der Orientierung? Sie sind noch nicht sicher? Dann zum Abschluss vielleicht noch folgende Gegenprobe:

Mal ganz ehrlich, haben Sie Ihre C- oder E- oder S-Klasse gekauft, weil sich der ADAC oder die Auto Bild begeistert zeigt? Oder überzeugt Sie Ihr Mercedes wirklich? Schmeckt Ihnen das Essen beim Italiener, weil er im jüngsten Gastroguide ganz oben steht? Oder fanden Sie das Essen dort schon immer lecker? Wenn Sie zum Arzt gehen, googeln Sie dann, wieviel Sternchen andere Patienten verteilt haben?

Nein. Sie machen sich natürlich ein eigenes Bild, weil Sie wissen, dass es mit Bewertungen so eine Sache ist und man nicht immer alles glauben darf und sollte. Tja, und dann ploppt in Ihrer Mailbox wieder so eine Nachricht auf, in der Sie aufgefordert werden, hier und dort zu klicken oder sich dieses oder jenes Angebot anzusehen… Mein Tipp: Schalten Sie ab, steigen Sie in Ihren Mercedes, fahren Sie zu Ihrem Italiener und trinken mit Ihrem Tischnachbarn – vielleicht Ihr Arzt – nach einem guten Essen noch einen kleinen Grappa!

Silke Haars Kommunikation

Public Relations for the Legal Profession

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